Seminarbericht

Das Ausmaß des anthropogenen Klimawandels ist nach wie vor unsicher. Einer der wesentlichen Gründe ist, dass die Wirkung von anthropogenen Verschmutzungspartikeln (Schwefelpartikeln, Ruß, Staub – sog. Aerosole) auf Wolken, Niederschlag und damit die Energiebilanz des Erdsystems nicht gut genug verstanden und quantifiziert ist. Ziel des Seminars, das vom 3. bis 5. April 2017 im Physikzentrum mit 55 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 10 Ländern stattfand, war es, hier Fortschritte zu erzielen durch:

1. Neue numerische Modelle, die es erlauben, Wolkenprozesse mindestens teilweise aufzulösen (horizontal 100 m bis 1 km), gleichzeitig Aerosole interaktiv zu berücksichtigen, und dabei das Modellgebiet und die Simulationsdauer so weit auszudehnen, dass die wesentlichen Wechselwirkungen in den Wolken-Aerosol-Systemen erfasst werden.

2. Neue polarimetrische Radarnetzwerke, sowie satelliten-, flugzeug- und bodengebundene Beobachtungen in Kombination.

3. Modellsimulationen, mit denen sich die Beobachtungen optimieren lassen, sodass die Wirkung von geänderten Aerosolkonzentration auf Wolken und Niederschlag trotz der sehr großen natürlichen Variabilität identifiziert und quantifiziert werden kann.

Als Wolkenregime wurden marine Grenzschichtwolken vor der Küste Chiles sowie hochreichende Konvektion um Houston ausgewählt. Die marinen Grenzschichtwolken sind durch ihren sehr großen Einfluss auf die Strahlungs-Energiebilanz des Erdsystems besonders interessant. Wie erste Ergebnisse zeigen, erlauben es die Daten, zwischen sich widersprechenden Hypothesen zu unterscheiden. Trotz großer Diskrepanzen zwischen verschiedenen Modellen erscheint es möglich, die Störung der Strahlungsbilanz durch die anthropogenen Aerosole in dieser Region nachzuweisen. Hochreichende Konvektion ist hingegen wegen ihres großen Einflusses auf die Atmosphärendynamik sehr relevant. Satellitenbeobachtungen zeigen, dass in der Gegend um Houston bei Seewind aerosolbelastete Luft im Lee der Stadt und reine Luft in den umliegenden Gebieten klar getrennt sind. Die Lagrangesche Auswertung von Gewittern in dieser Gegend in polarimetrischen Radarbeobachtungen weist klare Unterschiede zwischen verschmutzten und weniger verschmutzten Luftmassen auf. Die aufgrund dieser vielversprechenden Daten entwickelten Hypothesen werden nun in Modellsimulationen reproduziert und getestet.

Besonders erfreulich war, dass die DFG gerade am ersten Tag des Workshops ankündigte, ein Schwerpunktprogramm zu den polarimetrischen Radarbeobachtungen zu fördern (fünf Teilnehmer/innen sind beim SPP-Antrag involviert).

Prof. Dr. Johannes Quaas, U Leipzig